Selbstmitgefühl und Vergebung - Johanna Binger
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Selbstmitgefühl und Vergebung

Zum Mitgefühl für Andere und für uns selbst gehört nicht nur, dass wir auf ihr Leiden reagieren, sondern auch, dass wir denen vergeben, die uns verletzt haben. Vergebung geschieht, wenn wir ihnen nicht mehr grollen und auf unser Recht verzichten, ärgerlich zu sein, weil wir schlecht behandelt worden sind. Das bedeutet, andere so zu behandeln, wie wir von ihnen gerne behandelt werden würden, nicht so, wie sie uns behandelt haben. Vergebung heisst nicht, dass wir uns nicht mehr schützen, aber wir verzichten auf Vergeltung. Dazu gehört auch die emotionale Vergeltung von Zorn und Bitterkeit, die langfristig nur uns selbst verletzt und schadet. Selbstmitgefühl erleichtert uns die Vergebung, deshalb, weil es uns die Fähigkeit verleiht, die von Anderen verursachten emotionalen Wunden zu heilen.

EIN ÜBUNGSWEG

Denke an Jemanden, über den du dich schon lange geärgert hast und dem du jetzt vergeben möchtest. Wenn du zur Vergebung noch nicht bereit bist, dann lasse es sein. Vergebung kommt zu ihrer eigenen Zeit, dränge dich nicht zum vergeben. Wenn du jedoch bereit bist, besteht eine der Möglichkeiten darin, sich die Ursachen und Bedingungen klarzumachen, die diesen Menschen zu seinem Handeln veranlasst haben. Unsere Gedanken; Emotionen und Verhaltensweisen sind das Produkt unzähliger miteinander verknüpfter Faktoren, von denen sich viele oft unserer Kontrolle entziehen. Zuerst wende dich deinem Erleben zu, wenn du an diese Person denkst. Ist da Schmerz, Ärger, Wut? Lass diese Empfindung in dir für einen Moment präsent wer-den. Kannst du sie im Körper irgendwo spüren …? Lasse nun die Empfindung mehr in den Hintergrund treten und folge den nächsten Schritten:

– Wenn du daran denkst, was dieser Mensch getan hat, versuche die Faktoren und Ereignisse zu erkennen, die sein Handeln verursacht haben zum Beispiel Angst, Verwirrung, Begierde, Wut, Stress, oder andere starke Emotionen?

– Bedenke jetzt, warum sich diese Person nicht unter Kontrolle hatte? Fehlten die zur Selbstkontrolle nötigen Faktoren: emotionale Reife, Empathie, etc.? Diese waren eindeutig nicht vorhanden, warum nicht? Hatte die Person schlechte oder keine Vorbilder, so dass er/sie diese Fähigkeit entwickeln konnte?

– War diese Person gemein, oder selbstsüchtig?

– Überlege was diesen Persönlichkeitstyp hervorgebracht hat?

– unsichere Bindungen, soziale Isolation, die Lebensgeschichte, etc.?

– Sobald du die Ursachen / Bedingungen, die diese Person zum handeln veranlasst haben, besser verstehst, kannst du überlegen, ob es nun einfacher ist, deinen Ärger aufzugeben? Menschen sind fehlbar und handeln nicht immer so, wie es gut ist oder sein sollte. Kannst du dieser Person vergeben? Das zu tun bedeutet, bedeutet nicht zwangsläufig, wieder Kontakt aufzunehmen. Aber indem du dich von den zerstörerischen Auswirkungen deines Ärgers und deinen Schuldzuweisungen befreist, kannst du gut dafür sorgen, dass in deinem eigenen Denken mehr Frieden und Zufriedenheit einziehen.

Spüre nun in dich hinein und nimm wahr wie es dir geht …?
Welche Empfindungen sind da …?
Kannst du dir selbst Mitgefühl schenken für das Unangenehme oder Schlimme, was du durch diese Person erfahren hast?… Lasse dein ganzes Wohlwollen in dich hinein-fliessen … möchtest du dir sagen, ja, das ist nicht schön, was ich durch diese Person erleben mußte und dich selber trösten … dir eine liebevolle Geste oder Berührung schenken … zum Beispiel eine Hand auf deinem Herzen/Brust/Schulter … In dieser zärtlichen Begegnung mit dir einen Moment verweilen …

In Anlehnung an Texte v. Dr. Kristin Neff, Psychologin und Wissenschaftlerin für Selbstmitgefühl